Dem Rat meiner Lehrerin folgend höre ich als Teil meiner zähen Versuche, Deutsch zu lernen, beflissentlich deutsche Radiosender und da besonders die Nachrichten. Obwohl ich das meiste von dem, was gesagt wird, nicht verstehe, da ich mich noch im Anfangsstadium befinde, gelingt es mir dennoch meistens, einige mir bereits bekannte „Schlüsselwörter“ aufzuschnappen und so den Gegenstand der jeweiligen Nachricht zumindest zu erahnen und manchmal sogar zu verstehen.
Dank dieses Radiospiels fällt es mir nicht mehr schwer, aus der Häufigkeit und der Länge oder Kürze der entsprechenden Nachrichten zu erkennen, inwieweit sich die deutschen Medien mal mehr und mal weniger für Meldungen aus Syrien und über Syrer interessieren. Was mich beim monatelangen Nachrichtenhören allerdings wirklich geärgert hat, ist die Tatsache, dass alle deutschen Rundfunksender die mit Syrien zusammenhängenden Meldungen zumeist ausschließlich auf zwei ständig wiederkehrende Begriffe reduzieren: „Flüchtlinge“ und „Daesh/ISIS“. Da geht der ursprüngliche Grund für das ganze Unglück, nämlich Assad und seine Diktatur, fast unter.
Es ist ja zu verstehen, dass sich die deutschen Medien auf die Flüchtlingsfrage konzentrieren, insbesondere nachdem enorm viele Flüchtlinge ins Land gekommen sind, wie auch auf das Thema Terrorismus als weltweites, den europäischen Kontinent ernsthaft bedrohendes Übel. Aber die gesamte syrische Frage darauf zu verkürzen, dass sie ein Flüchtlings-, Extremismus- und Terrorismusproblem sei, und dem noch eine Vielzahl von Klischees über die Geflüchteten hinzuzufügen, wobei ich hier speziell von den Syrern spreche, zeugt nicht gerade von Professionalität und ist wenig hilfreich beim Versuch, dem deutschen Medienkonsumenten das Problem der Flüchtlinge so zu erläutern, dass er es wirklich versteht. Das aber wird immer notwendiger, nachdem die Flüchtlingsfrage bei den deutschen Parteien zum Dauerbrenner geworden ist und sicher auch einen der sich auf die jüngsten Wahlergebnisse auswirkenden und den Aufschwung der rechten Kräfte in einer Reihe von Bundesländern verursachenden Faktoren darstellt.
Das Gesagte gilt natürlich nicht für alle, denn es gibt durchaus einige TV- und Printmedien, die bei der Behandlung des Themas Syrien einen professionelleren Kurs verfolgen, indem sie zum Beispiel an den fünften Jahrestag des Beginns der syrischen Revolution erinnerten und diesem Ereignis durch die Einbeziehung syrischer Autoren großen Raum einräumten.
Ja, meine Damen und Herren, Syrien leidet unter dem Terror und die Flucht aus Syrien ist eine gewaltige humanitäre Katastrophe. Aber da ist auch die Sache eines Volkes, das diese immer wieder mit friedlichen Demonstrationen bekräftigt. Ein Volk, das ein Leben in Freiheit wollte und wieder aufersteht, als wäre es nie gestorben! Aber das Schicksal war ihm bisher nicht gewogen.
Die Übersetzung ist aus einer Kooperation zwischen WDRforyou und Abwab entstanden.