Von der Suche nach der tunesischen Familiengeschichte über die syrische Revolution bis hin zu palästinensischen Rennfahrerinnen: Vom 31. März bis zum 7. April 2017 zeigt das Arabische Filmfestival ALFILM in Berlin eine Vielfalt an Independent- und Genrefilmen aus dem arabischen Raum. 17 Spiel- und Dokumentarfilme, 15 Kurzfilme und sechs Filme von Shadi Abdel Salam, einem ägyptischen Bühnen- und Kostümbildner sowie Regisseur, repräsentieren das arabische Kino. Es sind Filme, in denen die Protagonisten mit verschiedenen Formen von Veränderung und Hindernissen kämpfen müssen.
So handelt ein Teil des Festivalprogramms von der Suche nach Zugehörigkeit und der eigenen Identität. Im Eröffnungsfilm Tramontane/Rabih (2016) von Vatche Boulghourjian braucht ein blinder Musiker aus einem libanesischen Dorf für eine Auslandsreise einen Pass. Als er diesen beantragt, findet er heraus, dass seine Papiere gefälscht sind. Kurzerhand begibt er sich auf die Suche nach der eigenen Identität. In Bezness as Usual (2016) dokumentiert der Filmemacher Alex Pitstra die Auseinandersetzung mit seiner Familiengeschichte und seiner eigenen Identität: Jahre nachdem er seinen Vater das letzte Mal gesehen hatte, reist er nach Tunesien, um seine Familie kennenzulernen. In Haus ohne Dach (2016) von Soleen Yusef befinden sich drei Berliner Geschwister nach dem Tod ihrer Mutter auf einer Odyssee durch Kurdistan. Dort finden sie – nach einer langen Zeit getrennter Wege – wieder zusammen.
Die Filme des arabischen Filmfestivals handeln nicht nur von einem persönlichen Kampf, es geht auch um die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der eigenen Identitätsfindung. Die Protagonisten in dem Spielfilm Clash (2016) von Mohamed Diab sind über Stunden in Kairo auf engstem Raum eingesperrt, wobei die Spannungen zwischen Muslimbrüdern, Militäranhängern, desillusionierten Jugendlichen und anderen Bürgern mit jeder Minute zunehmen. Der Film The War Show (2016) von Andreas Dalsgaard und Obaidah Zytoon dokumentiert gleichzeitig den Krieg Syrien und den Alltag junger Menschen, die offen über Liebe, Kunst und Politik reden. Der Dokumentarfilm Little Eagles (2016) von Mohamed Rashad hingegen versucht, die gesellschaftlichen Mechanismen zu verstehen, die für das Scheitern der linken Aktivisten in Ägypten verantwortlich sind.
Ebenfalls politisch sind die drei palästinensischen Filme Speed Sisters, Ghost Hunting und Off Frame aka Revolution until Victory. Die Speed Sisters (2015) sind das erste komplett weibliche Rennteam der arabischen Welt. Im gleichnamigen Film von Amber Fares kämpfen die Protagonistinnen nicht nur gegen konservative Vorurteile, sondern auch gegen die anhaltende Besatzung des Westjordanlands. In Ghost Hunting (2017) von Raed Andoni soll die Rekonstruktion traumatischer Erfahrungen von Palästinensern in israelischen Gefängnissen helfen, die Geister der Vergangenheit zu bekämpfen. Off Frame aka Revolution until Victory (2016) von Mohanad Yaqubi dagegen nutzt Originalmaterial aus dem palästinensischen “Widerstandskino” zwischen 1968 und 1982, um die palästinensische Revolution aufzuzeigen. Dabei fragt der Film auch nach Realität und Propaganda beziehungsweise nach Repräsentation und Aktion.
Dass auch das Thema Flucht bei ALFILM eine Rolle spielt, ist nachvollziehbar. Während der Kurzfilm Mare Nostrum (2016) von Rana Kazkaz und Anas Khalaf zeigt, welch schwierige Entscheidung ein Vater für sein Kind treffen muss, ist ein namenloser afrikanischer Flüchtling in The Last of Us (2016) von Ala Eddine Slim bereits auf dem Weg nach Europa. Nachdem er die Wüste Richtung Norden durchquert hat, geht es mit dem Boot über das Meer. Doch er strandet an einem Ort, an dem nur er selbst dafür sorgen kann, dass er überlebt. Der Film Bread and Tea (2016) von Sarah Kaskas und Liliane Rahal wiederum beleuchtet den Alltag syrischer Flüchtlinge in einem provisorischen Camp im Libanon.
Alle Filme werden eine Woche lang in verschiedenen Berliner Kinos gezeigt. ABWAB stellt die besten Festivalbeiträge vor. Mehr Infos gibt es hier oder auf Facebook.