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Abdulrahman Abbasi: Ich nehme Rassismus persönlich

Von Ramy Al-Asheq

Abdulrahman Abbasi, 22 Jahre alt, studiert Zahnmedizin an der Universität Göttingen. Außerdem arbeitet er im städtischen Migrationszentrum. Mit seinem Freund Allaa Faham gründete er die Facebook-Page German Life Style, auf der die beiden selbst produzierte Videoclips in deutscher und arabischer Sprache veröffentlichen. Ihr Anliegen ist es, Rassismus zu bekämpfen und Neuankömmlingen das Einleben in Deutschland erleichtern.

Du bist Mitglied der SPD. Wie kann ein Geflüchteter einer deutschen Partei beitreten?

Abdulrahman Abbasi: Ich bin kein volles Mitglied, darf zum Beispiel nicht wählen, weil ich nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitze. Aber ich bin ein aktives Mitglied. Die Partei bezieht mich bei vielen Diskussionen mit ein.

Warum gerade die SPD? Hast du dich schon in Syrien für die Sozialdemokratie interessiert?

Abdulrahman Abbasi: In Syrien war ich noch ein Kind, das nichts vom Leben wusste. Ich verließ mich bei allem auf meine Eltern. In Deutschland bin ich erwachsen geworden. Die SPD habe ich mir ausgesucht, weil mir ihre Politik und ihre Ideen gefallen: Ein ausgleichendes Steuersystem scheint mir gerecht. Die Haltung der Partei zur Flüchtlingsfrage finde ich ebenfalls gut, wie auch zur Freiheit des Einzelnen. Das alles habe ich zum Beispiel bei der CDU nicht gefunden. Die Linken dagegen haben unrealistische Ziele und ihre Haltung zu Russland gefällt mir nicht.

Wie sieht es mit den Grünen aus?

Abdulrahman Abbasi: Tatsächlich habe ich anfänglich zwischen den Grünen und der SPD geschwankt. Aber ich finde die Haltung der SPD in Bezug auf die Flüchtlingsfrage besser, die Grünen übertreiben es mit der Liebe.

Was für einen Standpunkt hast du in Bezug auf Syrien?

Abdulrahman Abbasi: Ich bin natürlich gegen den Krieg und gegen alle Arten des Tötens. Ich bin auch ganz klar gegen das Regime von Baschar Al-Assad. Das heißt aber nicht, dass ich mit dem Vorgehen der syrischen Opposition einverstanden bin.

Was genau machen Allaa und du auf German Life Style?

Abdulrahman Abbasi: Als ich nach Deutschland gekommen bin, habe ich schnell bemerkt, dass es auf Seiten der Syrer wie auch auf Seiten der Deutschen viele Vorurteile und Stereotype gibt. Daher habe ich mit Allaa Faham angefangen, Videoclips über den Lebensstil in Deutschland zu machen. Mittlerweile haben wir 96.000 Follower.

Welche Vorurteile über Syrer gibt es in Deutschland?

Abdulrahman Abbasi: Ein Vorurteil ist, dass Syrer nicht so gebildet und zivilisiert wie Deutsche sind. Diese Menschen glauben, Syrer wüssten nicht, wie man eine moderne Toilette benutzt, und lebten in der Wüste mit Kamelen. Sie wundern sich, wenn sie syrische Frauen ohne Kopftuch sehen, und glauben bestenfalls, sie hätten es in Deutschland abgelegt.

Was hältst du von dem Schlagwort Integration?

Abdulrahman Abbasi: Ich mag das Wort Integration nicht. Inklusion finde ich besser, weil das bedeutet, dass eine kleine Gemeinschaft von einer großen Gemeinschaft aufgenommen wird, wobei sich beide gegenseitig akzeptieren und respektieren. Ich glaube nicht, dass es gesund ist, wenn Geflüchtete ihre Identität aufgeben.

Ein Teil der Identität ist die Religion. Wie kann man diese bewahren, wenn sie mit vielen Dingen in Deutschland nicht vereinbar ist?

Abdulrahman Abbasi: Es gibt sicher viele Probleme, die durch ein falsches Verständnis der Religion entstehen.

Meine Frage bezieht sich auf bestimmte religiöse Texte, zum Beispiel über Homosexuelle und Atheisten…

Abdulrahman Abbasi: Wenn Kultur und Religion nicht mit den Menschenrechten und der persönlichen Freiheit des Einzelnen vereinbar sind, muss der Teil, der nicht vereinbar ist, aufgegeben werden. Menschenrechte und Freiheit sind wichtiger.

Welche Reaktionen erntet ihr mit euren Videos?

Abdulrahman Abbasi: Es gibt verschiedene Reaktionen, sowohl positive als auch negative. Die negativen Reaktionen waren teilweise ziemlich lustig. Deutsche Rassisten beispielsweise sagen: „Wenn du so clever bist, dann geh zurück in deine Heimat, wir wollen dich hier nicht.” Die Syrer, die mich angreifen, sagen: „Wenn du so clever bist, warum hast du dann nichts für deine Heimat getan?” Deutsche Rassisten sagen, ich sei ein syrischer Terrorist. Syrer, die mich angreifen, behaupten, ich sei ein Deutscher geworden, der seine Wurzeln und seine Moral aufgegeben hätte.

Wie hast du dich verändert, seit du nach Deutschland gekommen bist?

Abdulrahman Abbasi: Meine Vorstellungen haben sich weiterentwickelt und ich bin jetzt sogar zu einem Verfechter von Frauenrechten geworden. Inzwischen habe ich den Mut, auf die Frage: Würdest du es akzeptieren, wenn deine Schwester so wäre? zu antworten: Wenn meine Schwester es für sich akzeptiert, dann akzeptiere ich es für sie. Jeder Mensch ist frei und jeder kann über seinen eigenen Körper bestimmen.

Abbasis Erfolg in Deutschland ist einzigartig: Er studiert und arbeitet, hilft Geflüchteten, ist politisch und gesellschaftlich aktiv, um gegen Rassismus, Vorurteile und Fremdenhass zu kämpfen. Sein Motto ist klar: „Ich nehme Rassismus persönlich.“ Mit „German Lifestyle” schafften Abbasi und Allaa Faham es sogar in eine Veranstaltung der TEDx-Vortragsreihe. Zusammen sind sie in vielen deutschen Städten aufgetreten, lösten Kontroversen und Diskussionen aus. Abbasi ist es aber wichtig, stets positiv und optimistisch zu bleiben. Er will keiner sein, der ständig kritisiert. Am Ende des Gesprächs zeigt er sich hoffnungsvoll.

Abdulrahman Abbasi: Die Widersprüche zwischen Syrern und Deutschen werden sich auflösen, das ist alles nur eine Frage der Zeit.

Dieser Artikel wird in Kooperation mit WDRforyou übersetzt und veröffentlicht.

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