Lanna Idriss
Die Jugend Jordaniens ist eine der am besten ausgebildeten der arabischen Hemisphäre und dennoch findet kaum ein Jobsuchender im eigenen Land eine Arbeitsstelle, besonders Frauen sind betroffen. Ihre Arbeitslosigkeit beträgt unfassbare 78% bei Hochschulabsolventinnen. Eine unglaubliche Verschwendung von Talent und Qualifikation.
Vergleichsweise hohe staatliche Investitionen in alle Bereiche des Bildungssystems – von der Grundschule bis zur Universität – führten dazu, dass Jordanien ab den 1960er Jahren qualifizierte Arbeitskräfte in die arabische Welt “exportierte” und in Bezug auf das Bildungsniveau an die Spitze rückte.
Die Arbeitslosigkeit bei den Hochschulabsolventen beträgt dennoch bis zu 35% und das gepaart mit einem sehr niedrigen Pro-Kopf-Einkommen. Der staatlich fixierte Mindestlohn beträgt 225 JD pro Monat, das entspricht etwas ca. 270 Euro. Da Jordanien eine junge Gesellschaft ist – ein Drittel der Bevölkerung ist jünger als 15 Jahre, gut zwei Drittel sind jünger als 29 Jahre – kämpft vor allem die Jungend mit den Auswirkungen dieser Perspektivlosigkeit und dies ist eins der größten Probleme des Landes. Denn oft bleibt da nur der Weg in die Golfstaaten und führt zu dem berüchtigten Ausverkauf der Intelligenz.
Die Schuldigen? Oft werden die Palästinenser, Syrer und Iraker als erstes in diesem Zusammenhang genannt. Und es ist richtig, dass die Migration von 6.6 Mio Menschen erstmal verkraftet werden muss. Man stelle sich vor Deutschland müsste ca. 100 Mio Migranten in 60 Jahren versorgen? Aber auch aufgrund knapper Ressourcen sowie wenig entwickelter Industrie und Landwirtschaft ist Jordanien ökonomisch in hohem Maße von externen Faktoren abhängig: Internationale Finanzhilfen, von denen 90% aus der Golfregion stammen, Überweisungen von jordanischen Arbeitskräften im Ausland, Tourismus sowie Phosphatexporte sichern bislang das Überleben des kleinen Landes, aber eben auch nur das.
Auch die Wachstumsraten sind eher niedrig. Was also tun? Weitere Investitionen? Das Land erhält schon überdurchschnittlich viel durch die Weltbank und den IWF und hängt bekanntlich am Liquiditätstropf des Westen. Projekte, die mit diesem Geld umgesetzt werden sollen, kommen jedoch oft ins Stocken und lassen oft die Perspektive die Wirtschaft des Landes nachhaltig und unabhängig zu entwickeln, vermissen. Ein Reformstau verursacht darüber hinaus lange und schwerfällige Prozesse in der Verwaltung. Auch wird oft Missmanagement und Korruption der Gelder aus dem Ausland ins Spiel gebracht, um die Stagnation irgendwie zu erklären. Tatsächlich liegen hierfür keine bis wenige Hinweise vor.
Immer wieder sind es nur „Brandlöschungsaktionen“ wie eine Einmalzahlung an Arbeitslose, die den langfristigen Ausblick vermissen lassen. Dabei wird Unterstützung für Firmengründungen, wie zum Beispiel zinsloses Darlehen benötigt sowie die gesteuerte Öffnung des Arbeitsmarktes für Migranten. Denn bisher dürfen die wenigsten Syrer und Iraker in Jordanien offiziell Arbeiten und das verursacht sowohl einen gnadenlosen Billiglohnkampf zwischen den Migranten, sowie soziale und gesellschaftliche Unruhen mit Palästinensern und Jordaniern.
Daher kam es Anfang März wieder zu Protesten im Süden des Landes. Demonstranten aus Aqaba und Maan machten sich zu Fuß auf den Weg nach Amman, um ihrer Frustration Luft zu machen und vor dem Royal Jordan Court zu demonstrieren. Bisher ist alles friedlich geblieben, nur davon kann man nicht viellänger ausgehen. Dabei braucht es eigentlich nur eine einzige Antwort auf die Demonstranten: Arbeit.
DIE REDAKTION EMPFIEHLT: