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Wo sind die Frauen aus Nordafrika?

الباحثة التونسية عليسة جلول - خاص

Seit den Ereignissen der Kölner Silvesternacht 2015/2016, in der nordafrikanische Männer eine große Zahl Frauen sexuell belästigt und in einigen Fällen auch vergewaltigt hatten, hat Nordafrika einen schlechten Ruf. Als wäre das nicht genug: Im Dezember 2016 beging ein Tunesier einen furchtbaren Anschlag, bei dem auf einem Berliner Weihnachtsmarkt zahlreiche unschuldige Menschen ums Leben kamen. Der Ruf Tunesiens wurde durch beide Ereignisse nachhaltig beschädigt. Dabei hatte doch der Arabische Frühling vor sechs Jahren gerade in Tunesien mit der Forderung nach Freiheit und Würde seinen Ausgang genommen.

Damals berichteten viele Medien davon, wie sich Tunesien zu einem demokratischen Land wandelte. Sie zeigten auch, wie 2015 der Friedensnobelpreis an das Tunesische Quartett für den nationalen Dialog verliehen wurde. Seither hat das Bild von Tunesien sehr gelitten, das als Hoffnungsträger galt im Feuer des Krieges, in dem viele Länder der arabischen Welt versanken. Die Flüchtlinge, die vor Diktatur, Krieg und Terror nach Deutschland flohen, trugen den Brandgeruch mit sich. Doch nicht nur der Ruf Tunesiens wurde beschädigt, sondern auch das Bild der jungen Tunesier, die zum Studieren oder Arbeiten nach Deutschland gekommen waren. Viele hatten sich hier gut integriert.

In vielen Medien wird nur über nordafrikanische Männer berichtet, von denen man annimmt, dass sie Straftaten wie sexuelle Belästigung oder Vergewaltigungen begehen. Über Frauen, die aus Nordafrika stammen, wird hingegen nicht berichtet.

Es wird weder von ihren Erfolgen noch von ihrem Leben in Deutschland gesprochen, obwohl viele von ihnen in unterschiedlichen Bereichen aktiv sind. Alyssa Jalloul ist eine dieser Frauen. Sie kam vor zehn Monaten nach Deutschland, um ihre Forschungen über den politischen Islam nach der tunesischen Revolution 2010-2011 fortzuführen. Sie erzählt von ihrem Werdegang: von der Masterstudentin in Rechts- und Politikwissenschaften an der juristischen Fakultät in Tunis-Karthago bis zur Forscherin, deren Arbeit mit der Realität in Tunesien kollidierte. Jallouls Forschungen konzentrieren sich auf den Islamunterricht in der Ez-Zitouna-Moschee in Tunis nach der Revolution. Von einer deutschen Organisation erhielt sie ein Stipendium, um über den radikalen Islam und seine Verbreitung in Gotteshäusern und zivilgesellschaftlichen Einrichtungen zu promovieren.

„Ich war davon ausgegangen, dass Deutschland für mich ein Tor zu neuen wissenschaftlichen Horizonten sein würde. Ich kam voller Hoffnung auf neue Erfahrungen in einer offenen Gesellschaft. Die ersten Monate waren sehr spannend, voll neuer Freundschaften und Entdeckungen. Dann erlebte ich die Realität der Bürokratie, das tägliche Leiden der Neuankömmlinge in Deutschland, die mühsam nach einer Unterkunft suchen und deren Integration langwierig und schwierig ist.“

Jalloul fügt hinzu: „Berlin ist für mich anders. Es ist das Gesicht des anderen Deutschlands“. Obwohl sie an der Universität Marburg eingeschrieben ist, möchte Jalloul sich in Berlin niederlassen, da der deutschen Hauptstadt in Bezug auf politische und kulturelle Aktivitäten eine große Bedeutung zukomme.

Im Gespräch über die Lebensrealitäten von Frauen zwischen Tunesien und Deutschland meint Alyssa Jalloul, das Leben in Deutschland sei komplett anders als in Tunesien. Letzteres sei als ehemalige Kolonie stark von der französischen Gesellschaft beeinflusst: „Die deutsche Gesellschaft ist sehr widersprüchlich und hat viele Schattenseiten. Sie konfrontiert uns mit einer anderen Realität, die sich jeden Tag ändert.“

Wir leben manchmal in der Illusion, als Frau frei von Einschränkungen zu sein. Deutschland hat mir viel über mich selbst und meine Sicht der Dinge in Hinblick auf Genderthemen beigebracht.

Jalloul lebt wie viele Deutsche auch mit dem Schock das Berliner Terroranschlags, der von dem Tunesier Anis Amri verübt wurde und in den sozialen Netzwerken eine Welle rassistischer Anfeindungen ausgelöst hat. Der Anschlag zwinge sie als Forscherin dazu, härter zu arbeiten, um zu verstehen, was junge Menschen in einem Land wie Tunesien oder Deutschland dazu bringe, sich dem Terrorismus zu verschreiben. Besonders wichtig sei es, Klischees zu überwinden, auch im Hinblick auf die Darstellung bzw. Nichtdarstellung nordafrikanischer Frauen in den Medien: „Ich denke, dass die Lösung darin liegt, sich stärker in zivilgesellschaftlichen Organisationen in Deutschland zu engagieren, um die Arbeit von Nordafrikanerinnen in Kunst, Politik und Medien bekannter zu machen.“

Dieser Artikel wird in Kooperation mit WDRforyou übersetzt und veröffentlicht.

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